Übersetzen
Heiko Kleve und Jan V. Wirth erarbeiteten im Zuge ihrer mehrjährigen Zusammenarbeit einen Minimalkanon für das systemisch motivierte Herangehen an die Situationsanalyse, Hilfe- und Ressourceneinschätzung, das Fallverstehen und die Fallbearbeitung sowie die Hilfe-Auswertung.
- „Systemisch zu arbeiten“ heißt, die wissenschaftliche Einsicht professionell zu nutzen, dass der täglichen Realität – mit all ihren Problemen, aber auch mit all ihren Lösungen – keine Wirklichkeit an sich, sondern sinnhaft konstruierte, raum-zeitlich geordnete und symbolisch verfasste Erfahrungen zugrunde liegen.
- „Systemisch zu arbeiten“ drückt aus, sich selbst als Teil und Ko-Erzeuger sozialer Kontexte und ihrer Beobachtungen zu begreifen und reflektieren zu können. Es gibt keinen archimedischen Punkt, also keinen Punkt außerhalb der als sinnhaft strukturierten sozialen Welt, auf den sich zurückzuziehen möglich wäre und der von dort einen – etwa verantwortungsfreien – Blick auf die Welt verspräche, wie sie wirklich ist.
- „Systemisch zu arbeiten“ bedeutet weiterhin, Verhaltensweisen/ Kommunikationsmuster mit Bezugnahme auf die sozialen Kontexte zu verstehen, in denen sie z. B. als Dysfunktion, Problem, Störung, Gefahr – oder eben auch als Lösung – etc. pp. beobachtet, beschrieben bzw. gehandelt werden.
- „Systemisch zu arbeiten“ meint außerdem, dass biologisch-organische, psychische und Sozialsysteme und ihre Dynamiken in ihren funktionalen und operativen Zusammenhängen betrachtet werden, weil Veränderungen in einem System Veränderungen in den mit ihm gekoppelten Systemen bzw. in seiner Umwelt zur Folge haben.
- „Systemisch zu arbeiten“ läuft darauf hinaus, vom alltagsgewohnten und im Grunde simplen linearen Ursache-Wirkungs-Denken abzurücken zugunsten der praxisbewährten Erfahrung, dass Verhaltensweisen sich zirkulär formieren, d. h. wechselseitig aufeinander verweisen unter dem Gesichtspunkt, dass Ereignisse auf vielfältigere Weise sinnstiftend miteinander verknüpft werden (können).
- „Systemisch zu arbeiten“ trägt dem Umstand Rechnung, dass Psychen und Sozialsysteme, d. h. sinnverarbeitende Systeme, nicht immer gleich, sondern je nach Zustand, Geschichte und Kontext (des jeweiligen Systems) unterschiedlich auf Angebote oder Zumutungen reagieren und dass aus Gründen der schier unendlichen Verknüpfungsfähigkeiten sinnverarbeitender Systeme nicht von vornherein feststeht, in welcher Weise sie dies tun.
- „Systemisch zu arbeiten“ signalisiert, sich festzulegen auf eine Erkenntnis- und Arbeitshaltung, die wertschätzend auf Personen und ihre Lebensräume zugeht, sich primär an ihren Aufträgen und Ressourcen orientiert, um final die Anzahl der Handlungsmöglichkeiten mehren zu helfen, die den Beteiligten/ienten/ Adressaten zu Verfügung stehen.
- Problemlösung bedeutet im systemischen Arbeiten, dass im System zwischen mehr passenden und brauchbaren Möglichkeiten des Erlebens und Handelns ausgewählt werden kann